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Versorgungsalgorithmus zur Verbesserung der Versorgung bei der ALS
07.09.2021
Versorgungsalgorithmus zur Verbesserung der Versorgung bei der ALS
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Ein Algorithmus ist laut Wikipedia eine „eindeutige Handlungsvorschrift zur Lösung eines Problems“. Bei einem digitalen Versorgungsalgorithmus wird eine Handlungsvorschrift zur Lösung eines Versorgungsproblems in eine Software übertragen.

Im Rahmen eines Forschungsprojekts hat Ambulanzpartner erstmals einen Versorgungsalgorithmus für Menschen mit Amyotropher Lateralsklerose (ALS) entwickelt. Der Versorgungsalgorithmus liefert Versorgungsempfehlungen für den Ausgleich motorischer Einschränkungen mit Hilfsmitteln. Diese Empfehlungen entstehen durch die digitale Analyse von Mustern in der ALS-Funktionsskala (ALSFRS-R, ALS Functional Rating Scale Revised), die von Patientinnen und Patienten selbst – im Sinne einer „Selbstbewertung“ – erhoben wird.

ALS-Funktionsskala als Basis für Versorgungsalgorithmus

Die Selbstbewertung der motorischen Funktionseinschränkungen mit Hilfe der ALS-Funktionsskala (ALSFRS-R) bildet die Basis für die Entwicklung von Algorithmen. Mit der ALS-Funktionsskala kann der individuelle Krankheitsverlauf vom Betroffenen selbst eingeschätzt werden. Der Versorgungsalgorithmus erhält die Daten aus der ALS-Funktionsskala. Die Daten der digitalen Selbstbewertung des ALSFRS-R (die über die ALS-App oder über das Ambulanzpartner-Portal erhoben wurden) werden zunächst nach Körperregion strukturiert (z. B. Bulbärregion mit Auswirkung beim Sprechen und Schlucken oder der Beinregion mit möglichen Einschränkungen beim Laufen und Treppensteigen). Nachfolgend wird die Patientenbewertung des ALSFRS-R von einem Versorgungsalgorithmus erkannt und analysiert (z.B. liegt eine Sprech- oder Schluckstörung oder eine Gangstörung vor? Wie schwerwiegend sind die Sprech-, Schluck- oder Gangstörung?). Die Datenanalyse führt dann zu einer Versorgungsempfehlung (z. B. Versorgungsbedarf einer Kommunikationshilfe bei einer Sprechstörung oder der Versorgungsoption mit einer Mobilitätshilfe).

Die Versorgungsempfehlung wird von Koordinatoren von Ambulanzpartner erkannt, durch einen Kontakt mit den Patienten besprochen und mit den behandelnden Fachärzten (insbesondere an ALS-Ambulanzen) abgestimmt. Die algorithmus-basierte Versorgungsempfehlung dient letztendlich der Entscheidungsunterstützung ärztlicher Tätigkeit in den ALS-Ambulanzen. Dieses Forschungsprojekt wird derzeit in Zusammenarbeit der ALS-Ambulanz der Charité realisiert. In den nächsten Monaten ist die Einbeziehung weiterer ALS-Zentren in dieses Projekt geplant.

Mit dem aktuellen Versorgungsalgorithmus werden Versorgungsempfehlungen für Hilfsmittel bei Einschränkungen in der Mobilität und Kommunikation geliefert. Zukünftig ist vorgesehen, die unterstützende Funktion von Algorithmen auch in der Versorgung mit Medikamenten sowie der Initiierung einer Ernährungstherapie zu erforschen. Das übergeordnete Ziel ist, mit Versorgungsalgorithmen - zusätzlich zu den bestehenden Versorgungsstrukturen - die Behandlung von Menschen mit ALS noch schneller und bedarfsgerechter zu ermöglichen.

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Abbildung: Erhebung von Selbstbewertungsdaten und Algorithmen für die Versorgung

Verhalten des Algorithmus auf die Hilfsmittelversorgung

Aktuell sind viele Versorgungsprozesse für Hilfsmittel noch undurchsichtig, ineffizient und wenig reproduzierbar. Mit unserem Versorgungsalgorithmus soll sich das ändern. Der Versorgungsalgorithmus ist ein klinisches Entscheidungsunterstützungssysteme (Clinical Decision Support System), mit dem Ärztinnen und Ärzte die Patientenversorgung verbessern können. So lässt sich mit dem Versorgungsalgorithmus der geeignete Zeitpunkt für die Versorgung mit bestimmten Hilfsmitteln vorhersagen. Die Versorgungsprozesse werden dadurch für Patienten, behandelnde Ärzte und Kostenträger transparenter und berechenbarer.

In dem aktuellen Forschungsprojekt möchten wir das Verhalten des Algorithmus auf die Versorgung mit speziellen Hilfsmitteln erforschen. Algorithmus-basierte Versorgungsempfehlungen bieten einerseits eine große Chance für die Versorgung, können aber auch Fehler aufweisen. Wir möchten dabei die Frage klären, welchen Beitrag der Algorithmus für eine passende Versorgung mit Hilfsmitteln für Mobilität und Kommunikation in den verschiedenen Krankheitsphasen der ALS liefern kann.

Wie erfolgt die Anwendung des Versorgungsalgorithmus?

ALS-Erkrankte, die sich in einem ALS-Zentrum in Betreuung befinden, werden eingeladen, an der digitalen Erfassung der ALS-Funktionsskala über die ALS-App oder das Ambulanzpartner Portal teilzunehmen. Der zeitliche Aufwand liegt bei etwa 10 Minuten pro Quartal. Bei der ALS-Funktionsskala sind 12 Fragen über die motorischen Funktionen zu beantworten.

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Abbildung: Der ALS-Versorgungsalgorithmus für Hilfsmittel und Umsetzung im Ambulanzpartner Netzwerk

Der Versorgungsalgorithmus liefert aus den Daten der ALS-Funktionsskala Versorgungsempfehlungen für bestimmte Hilfsmittel. Auf der Versorgungsplattform Ambulanzpartner werden alle Versorgungsempfehlungen in einer Übersicht für Fallmanagerinnen und Fallmanager aufgeführt. Die Fallmanagerinnen und Fallmanager werden auch als ALS-Lotsen bezeichnet, da sie mit den Versorgungsalgorithmen vertraut sind und deren Leistungsfähigkeit und Fehleranfälligkeit kennen. Die ALS-Lotsen nehmen eine erste Plausibilitätskontrolle der Versorgungsempfehlungen vor, zu der sie aufgrund ihrer Ausbildung in der Lage sind. Im nächsten Schritt erfolgt ein mündlicher oder schriftlicher Kontakt zwischen ALS-Lotsen und Betroffenen. In dem Kontakt wird die Verwertbarkeit der Versorgungsempfehlung für den Patienten besprochen.

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Abbildung: ALS-Zentren mit Teilnahme an der Ambulanzpartner Versorgungs- und Forschungsplattform und dem Forschungsprojekt zum ALS-Versorgungsalgorithmus

Nach der Besprechung der Versorgungsempfehlung mit den ALS-Lotsen wird die Empfehlung des Algorithmus den behandelnden Fachärzten in einer ALS-Ambulanz vorgestellt. Der Versorgungsalgorithmus zur Entscheidungsunterstützung kann ärztliche Kompetenzen und Erfahrungen in sehr wertvoller Weise ergänzen. Die Fachärzte überprüfen die Empfehlung des Versorgungsalgorithmus und treffen die Entscheidung für die Versorgung mit einem Hilfsmittel aus ärztlicher Sicht. Die Verantwortung für die Indikationsstellen einer Versorgung liegt unverändert bei den Ärzten. Mit dem Versorgungsalgorithmus wird den Fachärzten eine Handlungsempfehlung gegeben, die die Arbeit in der ALS-Ambulanz unterstützen soll.

Wissenschaftliche Auswertung des Versorgungsalgorithmus

Der Einfluss des Versorgungsalgorithmus auf die Versorgungsqualität wird durch eine wissenschaftliche Analyse der Daten aus den Versorgungsprozessen untersucht. Unsere Hypothese ist, dass mit Versorgungsalgorithmen die Versorgung von Menschen mit ALS verbessert wird.

Wir bedanken uns für Ihr Interesse und die Teilnahme an unserem Forschungsprojekt. Für Fragen stehen Ihnen unsere beiden ALS-Lotsen gerne zur Verfügung.

Anja Weiss, Koordinatorin und ALS-Lotsin
Oliver Scholz, Koordinator und ALS-Lotse

koordination@ambulanzpartner.de
Tel. 030-81031410